06.12.2013, München
Felix Wauer
Evaluation des perioperativen Muskelschaden in der Primär- und Revisionsendoprothetik der Hüfte
Klinik für Orthopädie, Campus Charité-Mitte, Charité - Universitätsmedizin Berlin
Autor: Felix Wauer, Betreuer: Dr. med. Philipp von Roth, Doktorvater: Univ.-Prof. Dr. med. Carsten Perka
Einleitung:
Für ein zufriedenstellendes funktionelles Ergebnis sind muskelschonende Zugangswege nicht nur in der Primär-, sondern auch in der Revisionsendoprothetik der Hüfte entscheidend. Trotz postoperativ radiologisch guter Ergebnisse zeigt sich eine relevante Anzahl an unzufriedenen Patienten. Es gibt keine therapeutischen Optionen um Muskelsubstanz zu regenerieren, während knöcherne Defekte in der Revisionsendoprothetik der Hüfte suffizient mit metallischen Knochenersatzstoffen (z.B. Tantalwedges) oder allogenen Knochentransplantaten augmentiert werden können. In der primären Hüftendoprothetik ist bekannt, dass in Abhängigkeit vom operativen Zugangsweg bis zu 40% der pelvitrochantären Muskelsubstanz untergehen. Der Muskelschaden nach einer
Revisionsoperation ist dagegen bis dato nicht evaluiert worden. Das Ziel dieser Studie ist es, die präoperative (präOP) sowie postoperative (postOP) Morphologie sowie Funktion des M. Gluteus medius nach Primär- sowie Revisionsoperation am Hüftgelenk zu vergleichen.
Hierzu wurden der radiologische (MRT) sowie funktionelle Status der pelvitrochantären Muskulatur vor und nach primärer Hüft-Total-Endoprothese (HTEP) sowie Revisionsoperation untersucht.
Methoden:
Prospektive klinische Studie mit 70 Patienten. Gruppe 1 (primäre HTEP): n=20, 62.4±9.7 Jahre, BMI: 27.3±7.8 kg/m2; Gruppe 2 (Revisions-HTEP): n=50, 69.3±9.7 Jahre; BMI: 26.6±3.8 kg/m2. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) der pelvitrochantären Muskulatur, Blutparameter und die Abduktionskraft wurden präoperativ sowie sechs Monate postoperativ erfasst. Die intramuskuläre Fettbestimmung des M. gluteus medius erfolgte mittels standardisierter Auswertung.
Ergebnisse:
Die degenerative Verfettung des M. Gluteus medius stieg in der Gruppe 1 von 8.3±17.6% präOP auf 15.9±21.8% postOP (p=0.001) an. Die Degeneration war stärker im anterioren (präOP: 9.3±20.8%, postOP: 20.0±28.4%, p=0.003) und mittleren (präOP: 8.5±23.5%, postOP: 15.6±25.3%, p=0.003) Drittel ausgeprägt. Das posteriore Drittel des Muskels zeigte keinen signifikanten Unterschied (p=0.11). Ein ähnliches Verteilungsmuster zeigte sich in der Gruppe 2. Muskuläre Verfettung insgesamt: präOP 31.0±27.8%, postOP 33.8±28.0%, p=0.002; anteriores Drittel: präOP: 36.6±30.3, postOP: 48.4±35.4%, p=0.0003; mittleres Drittel: präOP 29.2±29.6%, postOP 31.8±30.3%, p=0.001). Das posteriore Muskeldrittel zeigte keinen signifikanten Unterschied (p=0.27). Die Abduktionskraft zeigte signifikante Unterschiede (postOP Gruppe 1: 8.5±2.2kg, postOP Gruppe 2: 4.5±2.3kg,
p=0.004). Die steigende fettige Degeneration korrelierte mit abnehmender Abduktionskraft (R2=-0.59, p=0.003).
Diskussion:
Das Ausmaß der fettigen Degeneration steigt sowohl nach Primär- als auch Revisionseingriffen signifikant im vorderen und zentralen Drittel des M. gluteus medius an. Patienten der Gruppe Revisions-HTEP hatten im Vergleich zu Patienten der Gruppe primäre HTEP sowohl prä- als auch postoperativ eine signifikant schlechtere Abduktionskraft. Die Ergebnisse zeigen, dass der Muskelschaden nach einem Revisionseingriff am Hüftgelenk
deutlich größer ist, als bisher angenommen wurde. Im Falle einer vorgeschädigten Glutealmuskulatur kann im Revisionsfall ein präoperatives MRT bei der Wahl des optimalen Zugangsweges hinsichtlich minimaler additiver Muskelschädigung helfen.