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Endoprothetik GmbH

06.12.2013, München
Ali Ayache

In vivo Bewegungsanalyse von Tumor- Knie-Endoprothesen durch Ganganalyse am Patienten

Department für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie, Universitätsklinikum Heidelberg
Autoren: Ali Ayache, Burkhard Lehner, Sebastian Jaeger, Rudi Bitsch

Ziel der Arbeit:

Gekoppelte Tumor-Knie-Endoprothesen fallen in der klinischen Praxis bei großen Weichteildefekten durch hohe Revisionsraten auf. Trotz großer Anstrengungen in den letzten Jahren Prothesen mit längeren Standzeiten herzustellen, bleibt dieses Feld eine Herausforderung für Design undMaterial. Über die biomechanischen Belastungen dieser Endoprothesen in vivo ist bisher wenig bekannt.
Wir führten Ganganlysen bei Patienten mit implantierten Tumor- Knie- Endoprothesen durch, um biomechanischeBelastungscharakteristika zu untersuchen, die zu mechanischen Komplikationen wie aseptischer Lockerung oder Versagen des Kopplungsmechanismus führen können.

Methoden:

Die Ganganalysen wurden im Labor für Biomechanik des Departements für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Universität Heidelberg durchgeführt. Es wurde ein System der Firma Motion Analysis mit acht digitalen Real- Time Hawk Kameras verwendet. Die Datenerfassung erfolgte mit der Motion Capture Software Cortex. Als Marker Modell wurde das Helen Hayes Marker Set verwendet, bestehend aus 32 Markern. Zur Erfassung der einwirkenden Kräfte wurden Bodenkraftmessplatten verwendet.
In dieser Kohorte wurden sieben Patienten (1 weiblich, 6 männlich) eingeschlossen, bei denen ein primärer Knochentumor im Bereich des Kniegelenkes reseziert und eine gekoppelte Knie- Endoprothese aus dem MUTARS®- System der Firma Implantcast eingesetzt wurde. Zum Implantationszeitpunkt betrug das mittlere Patientenalter 34,4 Jahre (min: 14; max: 51). Bei zwei Patienten wurde ein proximalerTibiaersatz implantiert, vier wurden mit einem Ersatz des distalen Femurs versorgt. Ein Patient hatte einen Ersatz des distalen Femurs und der proximalen Tibia. Drei Patienten hatten vor Prothesenimplantation eine extraartikuläre Resektion, vier Patienten dagegen eine intraartikuläre Resektion. Bei drei Patienten waren bereits Revisionsoperationen notwendig geworden wegen aseptischer Lockerung oder Schlossbruch. Zum Untersuchungszeitpunkt betrug die mittlere Nachuntersuchungszeit 61 Monate (min: 14; max: 140).
Wir untersuchten bei allen Patienten die Gelenkwinkel, Kraftverläufe und Drehmomente in den Kniegelenken. Mittels gepaarter t- Tests wurden die Mittelwerte sowie die Spannweite (Min/ Max) des Gangunterschieds zwischen Prothesenbein und gesundem Bein auf dem Signifikanzniveau von p=0,05 analysiert und auf die einzelnen Gangphasen bezogen.
Es wurde eine gebräuchliche Gliederung des Gangzyklus in vier Segmente benutzt. Ein Gangzyklus besteht aus einem Doppelschritt und beginnt, wenn ein Fuß den Untergrund berührt und endet beim nächsten Bodenkontakt desselben Fußes. Ein Gangzyklus wird mit einem Intervall von 100% definiert. In Anbetracht unserer Fragestellung sind für uns die ersten drei Gangphasen von besonderem Interesse, da sie die Standphase definieren.
1. Belastungsantwort: Intervall 0- 10% des Gangzyklus
2. Mittlere Standphase: Intervall 10- 30% des Gangzyklus
3. Terminale Standphase: Intervall 30- 50% des Gangzyklus
4. Schwungphase: Intervall 50-100% des Gangzyklus

Ergebnisse:

In der initialen Standphase beobachteten wir einen signifikant kleineren Gelenkwinkel im Prothesenknie. In manchen Fällen sahen wir sogar eine Hyperextension. Der mittlere Gelenkwinkel in der initialen Standphase (0-20% des Gangzyklus) betrug im gesunden Gelenk 9,09° ± 3,75°, während er im Prothesengelenk 5,78° ± 1,63° betrug (p= 0,002).
Wir beobachteten eine signifikant kleinere resultierende Kraft während der initialen Standphase (0-20% des Gangzyklus) im operierten Knie (resultierende Kraft pro kg KG (N/kg): 0,66± 0,26) gegenüber dem gesunden Knie (resultierende Kraft pro kg KG (N/kg): 0,82 ± 0,28°, p= 0,006).Weiterhin fanden wir während der initialen Standphase (0-20% des Gangzyklus) ein signifikant höheres resultierendes Drehmoment im Prothesenknie (resultierendes Moment pro kg KG (Nm/kg): 0,05 ± 0,02 ) gegenüber dem gesunden Knie (resultierendes Moment pro kg KG(Nm/kg): 0,04 ± 0,01, p= 0,000 ).

Zusammenfassung:

Mit Hilfe der 3D-Ganganlyse untersuchten wir die biomechanischeBelastung von gekoppelten Tumor-Knie-Endoprothesenin vivo. Unsere Hypothese war dabei, dass die unphysiologische Belastung zu den hohen Komplikationsraten der Prothesenmodelle führen könnte.
Wir beobachteten in der initialen Standphase einen signifikant kleineren Gelenkwinkel im Prothesenknie, in manchem Fällen sahen wir sogar eine Hyperextension. Die resultierende Kraft in der initialen Standphase war im operierten Knie kleiner, was wir auf ein erlerntes Schonverhalten, oder auf die reduzierte Muskelmasse zurückführten.
Trotzdem errechneten wir höhere Drehmomente, was auf den großen Weichteilschaden und die pathologischen Gelenkwinkel zurückzuführen war.
Zur Zeit führen wir Messungen an weiteren Patienten durch, um die Aussagekraft unserer bisherigen Ergebnisse zu verbessern.

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